Der fliegende Gottesdiener

Flughafenpfarrer Meier
Flughafenpfarrer Meier

Er will andern helfen, Freude machen oder trösten. Als Pfarrer mit speziellem Wirkungsfeld ist dies Walter Meier gelungen.

 

 

Als kleiner Junge stand für ihn fest, dass er einmal wie sein Vater und Grossvater Posthalter in Winkel sein würde. Nie hätte er gedacht, dass er Pfarrer werden sollte, eher träumte er mit seinem Klassenkameraden vom Fliegen. Dieser wurde später tatsächlich Pilot und er Betriebsseelsorger und Flight Attendant. Als Gymnasiast hatte Walter Meier in der „Jungen Kirche“  mit einem jungen Pfarrer viel unternommen, erlebt und stundenlange Diskussionen geführt. Dieser hatte ihn motiviert, Theologie zu studieren. So kam er zum Pfarrberuf und zugleich auch zu einer Ehefrau. An der Uni lernte er nämlich eine Württembergerin kennen, die ebenfalls  Theologie und später noch Medizin studierte. Sie heirateten und haben zwei Söhne, die heute bereits erwachsen sind.

 

Katastrophen machten ihn berühmt

 

Kaum jemand vergisst die erschütternden Bilder vom Blutbad in Luxor, von den Flugzeugabstürzen in Halifax, Überlingen, Bassersdorf und in Nassenwil. Die beklemmenden Bilder gingen übers Fernsehen in die ganze Welt; auch die Trauergottesdienste wurden übertragen. Fast immer war Flughafenpfarrer Walter Meier mit dabei, zu sehen im schwarzen Talar, mit ernstem Gesicht und ruhigen Gesten bei symbolischen Handlungen. Seine grosse Gestalt überragte meist die der anderen Glaubensvertreter. Langsam sprach er jeweils Worte, mit welchen er zu trösten und zu helfen versuchte, und dort,  wo auch ihm die Worte fehlten, verwies er auf Gott. Beim Flugzeugabsturz von Swissair 111 fühlte auch er sich ohnmächtig und hilflos, ganz besonders nach Gesprächen mit  traumatisierten Angehörigen der Opfer. Er kam dort psychisch und physisch an seine Grenzen. Ein von Psychiatern geführtes Debriefing ermöglichte ihm damals, diese Erlebnisse zu verarbeiten, Vor allem gab ihm aber sein Glaube, sein Urvertrauen Kraft. Walter Meier hat Gott nie angezweifelt mit der Frage: „Warum lässt der Allmächtige solches Leid zu?“ Für ihn ist der christliche Gott nicht der, der mit Zauberhand ins Geschehen eingreift, sondern der, der uns Menschen sehr nahe ist, alles mit uns teilt und mit leidet bis in den Tod.

 

Abheben

 

Bis zum Staatssexamen hatte Walter Meier nebst seinem Studium verschiedene Jobs angenommen. Am attraktivsten war die Stelle als Swissair Galley-Steward. In dieser Funktion machte er 1974 seinen allerersten und dann viele weitere Nordatlantik-Flüge. Es machte ihm Spass, Passagieren mit einem guten Service Freude zu bereiten. - Seine erste Pfarrstelle brachte ihn dann aber wieder auf den Boden zurück. Doch welch ein Wunder: In Gesprächen mit Swissair-Kollegen und Chefs des fliegenden Personals wurde die Idee geboren, als Industriepfarrer in der Funktion eines Flight Attendants wiederum  zu fliegen. Mit Unterstützung der reformierten Kirche wurde die Idee realisiert. Walter Meier blieb Pfarrer in Winkel und machte zusätzlich einmal pro Monat eine Flugrotation als Flight Attendant und Betriebsseelsorger. Nicht, um zu missionieren, jedoch um mitzuarbeiten und den beruflichen Alltag mit den Besatzungen zu teilen, offen zu sein für Gespräche, wenn dies gesucht wurde. Bei Übernachtungen auf Swissair-Stationen wurde immer viel diskutiert über die Arbeit, über Passagiere, aber auch über Gott und die Welt. Sehr intensiv waren die Gespräche ganz speziell vor und nach dem Grounding. Letzten September ist Walter Meiers Flugkarriere mit seinem Last Flight zu Ende gegangen. Dankbar sagt er: „Diese Flugeinsätze waren ein grosses Privileg für mich und sehr wichtig für meinen Beruf“.

 

Vom Himmel zurück

 

Noch ist Walter Meier nicht pensioniert. Er ist  ja noch Flughafenpfarrer. Seit 1997 führt er mit seinen katholischen Pfarrkollegen Andachten in der Flughafenkapelle durch und steht als Seelsorger dem Personal und auch den Passagieren zur Verfügung. Höhepunkte sind Trauungen von Bekannten vom Fliegenden- oder Bodenpersonal. Auch hier hat er das gute Gefühl, andern etwas geben zu können.

 

Highlights in seinem Privatleben sind  Reisen mit seiner Frau nach Kuba, Chile oder Nicaragua. Er unterstützt das Hilfswerk „Pan y Arte“ in Nicaragua und glaubt, dass er sich dort noch stärker engagieren wird, wenn er einmal pensioniert ist.

 

 

walter.meier@zurich-airport.com

 

Swissair News 2 / 2011