Johann der Philanthrop 

Freiwillig engagiert sich Johann von Holzen  für Menschen, die in ihrem Leben wenig zu lachen haben. Er lernte das Lorm-Alphabet, um sich mit Taubblinden zu verständigen und, um ihnen etwas Freude zu machen.



Der gebürtige Nidwaldner mit Ostschweizer-Dialekt, er ist im Thurgau aufgewachsen, flog mehr als dreissig Jahre als Flight Attendant in der ganzen Welt umher. Bis zu seinem letzten Flug war er voll motiviert bei der Sache, auch wenn die Arbeitsbedingungen von Jahr zu Jahr sehr viel härter und unattraktiver wurden. Er liebte seinen Beruf sehr, vor allem die Begegnungen mit all den unterschiedlichen Menschen, den Passagieren und Besatzungskollegen. Langweilig war diese Arbeit nie, denn kein Flug war wie der andere.


Nach seiner Pensionierung vor sechs Jahren hielt Johann von Holzen Rück- und Ausschau auf sein Leben und konfrontierte sich bewusst mit der Endlichkeit seines Daseins. Er fragte sich, was für ihn wichtig ist für die Zeit, die ihm noch verbleibt, und wie und wo er einmal diese Welt verlassen wird. Es war ihm klar, dass er weiterhin mit und für Menschen etwas tun möchte. Er absolvierte deshalb einen SRK-Pflegehelferkurs und machte das erforderliche Pflege-Praktikum in einem Alterspflegeheim. Diese Arbeit umfasste alle  täglichen Verrichtungen, von  Mithilfe beim Anziehen und Essen, bis hin zum Duschen, Baden und  Intimpflege. Das war kein Zuckerschlecken! Trotzdem waren  diese Begegnungen mit  alten Menschen für ihn positiv, vor allem die Gespräche mit ihnen und die Dankbarkeit, die sie zeigten, auch wenn sie oft mit ihrem Schicksal haderten. Ein weiterer Rotkreuz-Kurs vermittelte  ihm Kenntnisse in Palliativ-Pflege und Sterbebegleitungen. Die Betreuung von Sterbenden ging ihm aber sichtlich an die Substanz, denn es gibt nicht nur Menschen, die ganz friedlich und abgeklärt diese Welt verlassen, sondern auch solche, die wütend sind und fluchen, wenn ihr Ende naht. Diese Wut auszuhalten ist nicht einfach. Johann von Holzen empfindet eine grosse Hochachtung für die Pflegerinnen und Pfleger, die diese Arbeit während vieler Jahre ausüben.


Persönliche Projekte


Noch während seines aktiven Flugdienstes lernte Johann von Holzen in Ghana die Familie Ofori mit ihrer gehörlosen Tochter Agnes und deren ebenfalls gehörlose Freundin Juliana Obeng kennen. Diese zwei Kinder konnten dank ihm und seinen Freunden eine Spezialschule besuchen, nachdem er für sie das Schulgeld bezahlte. Aufgrund dieser Erfahrung entstand der Wunsch, taubblinden Menschen auch hier in der Schweiz zu helfen. Er kontaktierte den   Schweizerischen Zentralverein für das Blindenwesen, absolvierte Kurse und begleitete dann selbständig seine ihm zugeteilten Klienten, blieb aber in Kontakt und unter Aufsicht eines Sozialarbeiters. Während dreier Semester versuchte er an der Hochschule für Heilpädagogik Zürich die Gebärdensprache zu erlernen, doch gab er dann auf, weil dies extrem schwierig ist. Die  Verständigungsart „Lormen“ ist für ihn einfacher. Mittels Finger buchstabiert man durch  Antippen oder Streifen in die linke Hand des Taubblinden und kann so kommunizieren. Das ermöglicht ihm, mit seinen Klienten in der Natur spazieren, in einem Restaurant essen oder in einem Warenhaus einkaufen zu gehen. Er bereitet ihnen damit eine grosse Freude, erhält gleichzeitig aber auch viel Dankbarkeit und lernt Dinge wahrzunehmen, an denen er als Sehender und Hörender früher achtlos vorbeigegangen war.


Der einfühlsame und zuvorkommende Mann hat noch eine andere Beschäftigung gefunden. Er ist in der katholischen Kirche Glattbrugg Sakristan geworden und bereitet für Gottesdienste, Taufen und Beerdigungen alles für den Priester vor. Das Geld, das er damit verdient, kann er brauchen, denn mit seiner Karriere ist er nicht reich geworden. Wichtig ist ihm seine Gesundheit. Deshalb geht er regelmässig ins Krafttraining, zum Walken, Wandern und Velofahren. Er ist Single geblieben. Zu seinen fünf Schwestern hat er ein sehr gutes Verhältnis und freut sich über seine fröhlichen, aufgestellten Nichten und Neffen. –  Man möchte diesem Menschenfreund, der sich immer für andere engagiert hat, wünschen, dass er ebenfalls mit Liebe umsorgt wird, wenn er einmal Hilfe benötigt.