Solarius wurde er genannt

 

Mit seiner selbst entwickelten Solaranlage war Kurt Oeggerli seiner Zeit weit voraus. Er ist aber nicht nur ein Tüftler, sondern auch ein Kämpfer für Gerechtigkeit und ein Philosoph. 

 

1973 duschte er zum ersten Mal mit Warmwasser, das von seiner Solaranlage erhitzt wurde. Dem früheren Flugzeugmechaniker und späteren Instruktor gelang es nach unzähligen Stunden, nach umfangreichen Studien und Versuchen, eine funktionierende Solaranlage zu entwickeln, die bis heute in seinem Haus Warmwasser produziert. Kurt Oeggerli war in den Siebzigerjahren Gemeinderat von Oberembrach und hörte, als es um die Erschliessung eines neuen Quartiers ging, einen Vortrag von einem ETH-Professor über erneuerbare Energie. Das war die Initialzündung für ihn. Er gab sein Amt in der Gemeinde wieder auf und widmete sich fortan der Entwicklung einer Solaranlage. Es war ein sehr steiniger Weg, denn vor 36 Jahren war das Erdöl noch billig und Solarenergie für die meisten eine Utopie. In der Swissair fand er viel Unterstützung. Nachts konnte er in den Werkstätten die erforderlichen Maschinen mieten, um seine Solarkollektoren herzustellen. Alles kostete sehr viel Geld. Von der Fachwelt wurde seine Erfindung nicht zur Kenntnis genommen, eher verteufelt, denn er war ja nicht einmal Ingenieur, „nur“ ein Mechaniker. Das liess er sich aber nicht gefallen. Er schrieb einen Brief direkt an den damaligen Bundesrat Richard und erreichte damit, dass das damalige Amt für Energie seine Erfindung prüfen musste. Die durchdachte Funktion wurde attestiert und gewürdigt, doch einen Sponsor oder Investor fand er nicht. Vielleicht, weil er immer ein Einzelkämpfer und nicht in einem Forschungsteam eingebunden war. Zeitweise mussten die ganze Familie, seine Frau, die Tochter und die zwei Buben, beim Aufstellen und Ausprobieren mithelfen. Seine Solaranlage, es ist immer noch der Prototyp, sieht nicht so schön aus wie moderne Fabrikate, die heutzutage auf Hausdächern zu sehen sind. Im Gegensatz zu diesen funktioniert seine aber bereits seit 36 Jahren ohne zusätzlichen Strom für eine Umwälzpumpe. Die Solarkollektoren kann er mit einer simplen, pneumatischen Vorrichtung sogar von Hand verstellen, um die saisonale Sonneneinstrahlung besser zu nutzen. Darauf ist er immer noch sehr stolz.

 

Die Berufskarriere des heute 81-Jährigen begann 1944 bei der DMP (Direktion der Militärflugplätze) in  Buochs/Ennetbürgen, wo er eine Mechanikerlehre absolvierte. Zur Swissair kam er fünf Jahre später. Gerne denkt er an die spannenden  Auslandeinsätze und die vielen befriedigenden Jahre in der Instruktion zurück. Die Prüflaufkurse für Schichtenführer, Meister und Stationsmechaniker und die Stunden im Flugsimulator machten ihm ganz besonders Freude. Es gab in diesen langen Jahren aber auch böse Ungerechtigkeiten, die er unverdient erdulden musste. Diese Erfahrungen haben ihn etwas bitter und kämpferisch gemacht. Immer wenn er auf inakzeptable Zustände stiess, konnte er nicht schweigen, sondern redete Klartext. Da schrieb er Briefe bis zum Direktionspräsidenten. Die Kritik, die er übte, die Missstände, die er aufzeigte, hat ihm persönlich nichts genutzt aber auch nicht geschadet.

 

Wohl nie im Ruhestand

 

Kurt Oeggerli ist längst pensioniert. Er bastelt auch heute noch, vor allem Spielzeuge aus Abfallprodukten: Spielautos aus Konservenbüchsen oder Spielflugzeuge aus Styropor. Seine Neugier, sein kreatives Suchen kommt immer wieder zum Zug.

 

„Ich habe einfach viel zuwenig Zeit“, sagt der Unermüdliche nicht unbegründet. Jetzt ist er vor allem ausgefüllt mit der intensiven Pflege seiner Frau, die an Altersdemenz erkrankt ist. Dazu kommt auch das Einkaufen, Kochen, Waschen und die Pflege von Haus und Garten. Es ist ein grosser Garten mit Feigen- und andern Obstbäumen; es gibt sogar drei Ziegen. Erstaunlich, dass Kurt Oeggerli das alles bewältigen kann und dann noch Zeit findet, stille, ausdrucksstarke Gedichte von Morgenstern. Eichendorf oder Erich Kästner zu lesen und zu geniessen. In seinen poetischen Versuchen, mit klassischem Versmass selber Gedichte in Dialekt und Hochdeutsch zu schreiben, manchmal auch zeitkritische, zeigt ihn als sympathischen Philosophen. Gespräche über Leben und Tod gehören dazu. Einmal zu sterben macht ihm nicht Angst, im Gegenteil, es gibt da sogar eine stille Sehnsucht auf diesen Übergang zu einem andern Sein. Kurt Oeggerli schweigt denn auch nicht vor diesen letzten Fragen, sondern setzt sich denkerisch damit auseinander.

   

 Swissair News 4 / 2009