Reise nach Australien, nach Brisbane
Von Asien nach Australien zu kommen, bedeutet von einer Welt in eine andere Welt zu wechseln. Von Chaos und Wildwuchs keine Spur mehr, die Strassen, Gehwege und Parks wirken hier sauber und gepflegt, die Menschen diszipliniert und höflich. Jede Begegnung beginnt meist mit einem „Guten Tag, wie geht’s?“
Brisbane ist eine überschaubare Grossstadt mit alten und modernen Gebäuden, vielen Wolkenkratzern; sie liegt am schönen Brisbane-River. Hunderte von Menschen flanieren tagsüber in der Fussgängerzone der Queen-Street, drängen in die Einkaufsläden und Warenhäuser oder sitzen in offenen Strassencafés beim Essen und Trinken. Beeindruckend sind die in Australien üblichen, riesigen Essensportionen, die dort von den Gästen verschlungen werden. Es erstaunt denn auch nicht, dass überall so viele extrem übergewichtige Menschen zu sehen sind. Viele Frauen in dieser Flaniermeile geben sich betont locker und sexy, andere sind konservativ gekleidet und bewegen sich balancierend auf ihren hohen Absatzschuhen. Es scheint hier Mode zu sei, dass Frauen sich sehr offenherzig zeigen, mit grossem Busen und mächtigem Décolleté. Sai meinte lachend, dass sie hier vielleicht Minderwertigkeitskomplexe bekommen würde, wenn sie mit Australierinnen konkurrieren müsste. Frappant ist, dass abends die Frauen meist sehr gut gekleidet daherkommen, die männlichen Begleiter sich aber in kurzen Hosen, T-Shirts und in Turn- oder Flipp-Flapp-Schuhen gefallen.
In Brisbane gibt es für Touristen Busse und Boote, mit welchen die interessantesten Plätze besucht werden können, wo man immer wieder vom einen auf das andere Verkehrsmittel umsteigen kann. Uns gefiel der am Fluss grosszügig angelegte Park mit künstlichem See und Sandstrand sehr gut. Mütter und Väter sitzen dort meist unter schattigen Bäumen und können von ihrem Platz aus ihre Kinder im Auge behalten, die im Wasser unermüdlich spielen. In der Nähe hat es mehrere Museen, doch bei dem schönen Wetter hatten weder Sai noch ich Lust, diese zu besichtigen. Am andern Ufer des Flusses war uns das Waterfront-Quartier mit seinen vielen schicken Restaurants sympathisch. Auf der Terrasse einer einladenden Bar bestellten wir zum kühlen Bier Fleischaufschnitt, doch nur eine Portion für uns beide, mit zwei Gabeln und Messer, ohne dass wir uns hier dafür zu schämen brauchten. Auch für wenig Geld können über Mittag an verschiedenen Take-Away-Läden leckere chinesische Gerichte gekauft und an den im Freien stehenden Tischen gegessen werden. Um Sai’s Geburtstag würdig zu feiern, hatten wir am Abend eines andern Tages in diesem Waterfront-Quartier im gediegenen „Tscha-Tscha-Tscha-Restaurant sehr gute Steaks gegessen.
Die Goldküste
Wir waren schon mal hier in dieser Gegend, vor etwa fünfzehn Jahren. Diesmal wollten wir unbedingt die Strände und Ortschaften im Süden von Brisbane, die Gold Coast, wieder sehen. Mit einem Avis-Mietauto, einem Toyota Camry, machten wir uns auf den Weg, alles der Küste entlang. Doch wir staunten nicht schlecht, wie sehr sich die Region in dieser Zeit verändert hatte, leider nicht alles zu ihrem Besten. Geblieben ist das blaue Meer mit den sauberen, öffentlichen Sandstränden, doch da, wo früher unberührte Landschaften zu sehen waren, stehen heute neue Siedlungen mit teuren Häusern und Eigentumswohnungen. Meist ist die Infrastruktur sehr beeindruckend, denn es gibt gepflegte Plätze, Strassen und Parkmöglichkeiten, immer auch ein Zentrum mit Läden und Restaurants. Das Meer erreicht man überall hinter der ersten Sanddüne, einen Golfplatz meist auf der Rückseite, gegen das Landesinnere zu. Wenig sympathisch fanden wir die Stadt „Surfer’s Paradise“, wo zahlreiche Wolkenkratzer, Hotel- und Wohntürme, protzig in den Himmel ragen. Leider hat auch der bekannte Ort „Coolangatta“ wegen der wuchernden Bauten viel vom ursprünglichen Charme eingebüsst. Aber auch dort erstreckt sich immer noch der schöne Strand gleich hinter der ersten Sanddüne und ist ein Eldorado für alle Beachboys, die es verstehen, mit ihren Brettern auf den Wellen dahinzusurfen. In der Umgebung von „Coolangatta“ verbrachten wir drei Nächte in einfachen, doch sauberen Motels. Weiter südlich, bereits in der Provinz New South Wales, fanden wir später nach „Kingscliff“, im kleinen Dorf „Cabarita“, das sehr sympathische Motel „Hydeaway“, das auch als begehrte Adresse für Hochzeitspaare gilt. Von einem kleinen Balkon aus konnten wir dort auf Garten und Swimmingpool schauen und das Rauschen der Wellen hören. In der nahen, geschützten Meeresbucht gingen wir im unglaublich sauberen, glasklaren Wasser baden. Als ich auf dem Rücken schwimmend, mich von den Wellen treiben liess, erfüllte mich ein intensives Glücksgefühl; ich war frei von irgendwelchen Gedanken und Wünschen. Damit hatte sich diese Reise für mich bereits gelohnt.
Das Hinterland
Weniger glücklich waren wir, als an einem Tag der Himmel bedeckt war und es zuweilen regnete. Da fuhren wir ins bergige Hinterland zu den Nationalparks. Hier wollten wir die subtropischen Regenwälder sehen und eine spezielle Touristenattraktion erleben, nämlich spazieren zu gehen, hoch über dem Boden, auf einem in den Wipfeln von gigantischen Tropenbäumen hängenden Pfad. Der Weg dorthin führte über eine extrem kurvenreiche Passstrasse bis auf eine Höhe von 1200 Meter über Meer. Je höher wir kamen, desto üppiger wurde die Vegetation. Die Attraktion war dann nicht ganz so spektakulär, wie dies von der Beschreibung her erwartet werden konnte, doch haben wir mit dieser Fahrt andere, schöne Landschaften erlebt, zum Teil mit grossartiger Weitsicht.
Schockiert waren wir, als wir sahen, dass vor unserem Motel bei zwei dort parkierten Autos die Scheiben von Dieben eingeschlagen und total zertrümmert worden waren. Irgendwie passte diese Tat nicht zu unserem Gefühl von Australiens Sicherheit, von Gesetz und Ordnung in diesem Land. Als wir nach Brisbane zurückkamen, suchten wir vergeblich eine Tankstelle, obwohl wir etwa drei bis vier Mal im Zentrum der Stadt herumkreisten. Schlussendlich gaben wir unsern Mietwagen mit halbleerem Tank ab.
Der letzte Tag in Brisbane war nicht mehr so aufregend. Unser Abflug nach Bangkok mit Thai Airlines war erst um Mitternacht, sodass wir unser Hotelzimmer noch bis 18 Uhr behalten wollten. Das war möglich, doch mussten wir in diesem Sofitel dafür noch recht viel draufzahlen. Eine sehr freundliche und aufmerksame Besatzung verwöhnte uns dann auf dem direkten Nachtflug nach Bangkok, der acht Stunden dauerte.