Einer der weiss, was was ist
Früher erklärte Hans Andreas Weil die elektrischen Systeme der Flugzeuge. Heute blickt er mit Vorliebe ins All und erklärt Planeten und Galaxien.
In der Urania Sternwarte Zürich herrscht nachts eine ganz besondere, fast magische Atmosphäre. Die holzverkleidete Kuppel und das riesige, zwölf Tonnen schwere Fernrohr, ein mehr als hundert Jahre alter Zeiss-Refraktor, erstrahlen im gedämpften indirekten Licht. Hans Andreas Weil ist einer der sechs Astronomen, der dort den Besuchern die Himmelskörper bis 600fach vergrössert durchs Fernrohr zeigt. So wie er früher als Swissair-Instruktor elektrische und elektronische Flugzeugsysteme mit grosser fachlicher Kompetenz vermittelte und dabei seine Wartungstechniker mit Witz und Humor zum Lernen motivierte, so begeistert er nun das Publikum mit seinen Erläuterungen in der Sternwarte. Die Besucher haben meist wenig astronomische Kenntnisse, sind aber dankbar und kommen leicht ins Staunen, wenn sie durchs Teleskop zu Mond, Planeten, Sternen und weit entfernten Nebel oder Galaxien schauen. Es gibt auch Enttäuschte, weil die Objekte durchs Teleskop ja nur als helle Scheibchen ohne Details zu sehen sind. Mittels Computer kann Hans Weil aber Nahaufnahmen von Himmelsobjekten – Satellitenbilder von bester Qualität – auf mehreren Bildschirmen präsentieren.
Mensch und Technik
Der heute 66jährige kam zufällig zur Astronomie: Als die Urania-Sternwarte vor fast zwanzig Jahren neue Demonstratoren suchte, meldete er sich spontan. Astronomische Kenntnisse eignete er sich an der Volkshochschule, durch Literatur, Internet und in einem Astronomiepraktikum der ETH Zürich an. Diese Wissenschaft fasziniert ihn bis heute sehr, doch ist er trotzdem kein „Sternenfreak“ geworden. „Mir macht es Freude, wenn ich das Universum mit all den erstaunlichen Elementen und Phänomenen andern vermitteln kann“, erklärt der Vollblutinstruktor. Die unglaublichen Dimensionen des Alls mit Milliarden und Abermilliarden von Sternen lehren ihn, bescheiden zu bleiben. Er ist kein Esoteriker, jedoch überzeugt, dass es noch andere intelligente Lebewesen gibt, auf andern Planeten, viele Lichtjahre von uns entfernt.
Hans Weil wuchs in der Stadt Zürich auf und absolvierte nach der Schule eine Lehre als Elektromonteur. 1966 kam er zur Swissair. Als Flugzeugelektriker arbeitete er nur kurz, dann erhielt er die Chance, Instruktor zu werden. Damit begann für ihn eine lebenslange geliebte und befriedigende Berufstätigkeit, in der er sein Interesse für Menschen und Technik verbinden konnte. Sein Fachwissen erwarb er in der Techniker-Abendschule der Swissair. Nach dem Untergang der SAirGroup wurde er, im Alter von 58 Jahren, mit Sozialplan in Frühpension geschickt. Das war anfänglich eine sehr bittere Pille für Hans Weil und seine Frau Helena. Speziell in dieser Zeit war es für ihn sehr wertvoll, ein zweites Standbein in der Sternwarte Urania zu haben.
Er wohnt mit seiner Frau seit Jahren inmitten von Zürich, in einer Altstadtwohnung direkt an der Limmat. Da fühlen sie sich wohl. Sohn und Tochter sind nach beendetem Studium bereits ausgezogen. Ein besonderes Vergnügen ist es für sie, an heissen Sommertagen gleich vor dem Haus in der Limmat schwimmen zu gehen. Auch fast vor der Haustür können sie vom reichen kulturellen Angebot der Stadt Zürich profitieren. Der pensionierte Wissensvermittler hat nun auch Zeit, auf dem See segeln zu gehen, mit seiner Frau in den Wäldern nach Pilzen zu suchen oder zu wandern. Sein technisches Wissen ist nach wie vor gefragt, sei es als Experte bei Berufsprüfungen oder für Reparaturen aller Art bei Bekannten und in der Sternwarte.
Das Comeback
Als die Lufthansa vor ein paar Jahren Instruktoren für die Basisausbildung ihrer Wartungsspezialisten suchte, meldete sich Hans Weil sofort. Darauf unterrichtete er wieder mit viel Freude in Deutschland, Singapur, Malaysia, Russland, Äthiopien und sogar im Iran. Sein trockener Humor kam – auch auf Englisch – in diesen verschiedenen Kulturkreisen gut an. Wegen der Wirtschaftskrise wurden diese Einsätze nun leider gestoppt. Hans Weil wird aber sofort wieder zusagen, falls neue Anfragen kommen.
Swissair News 1 / 2011