Sofort retten, was zu retten ist

Bei der Berufsfeuerwehr (BF) von Schutz & Rettung am Flughafen Zürich zählt bei einem Alarm jede Sekunde, um möglichst schnell helfen zu können. Ein Angehöriger der Berufsfeuerwehr ist Christian Häberlin – ein Vollblut-Feuerwehrmann – der keinen anderen Beruf ausüben möchte. Denn was gibt es Dankbareres, als bei Notfällen zu helfen?

 

 

 

 

Der junge Thurgauer wollte in die Fussstapfen seines Vaters treten und Bauer werden. Er absolvierte eine landwirtschaftliche Ausbildung, betrieb dann vorerst einen Handel mit Hagelschutznetzen und arbeitete auch als Hilfszimmermann auf dem Bau. Nachdem er geheiratet hatte und Vater von zwei Kindern wurde, wäre Christian Häberlin eigentlich bereit gewesen, den väterlichen Bauernhof im Dorf Berg im Thurgau zu übernehmen. Der Vater war aber noch recht jung und der Betrieb zu klein für die Existenz von 2 Familien; da kam das Inserat der Flughafen-Feuerwehr Zürich gerade recht.

 

Die Lebensstelle gefunden

 

Um in die Berufsfeuerwehr am Flughafen Zürich aufgenommen zu werden, muss jemand gesund, kräftig und sportlich sein, keine Platz- oder Höhenangst und auch keine Probleme mit Atmungsgeräten haben. Bei der Rekrutierung wird darauf geschaut, ob die Person zupacken kann, zuverlässig und mutig ist, zudem gerne und gut in einem Team arbeitet. Christian Häberlin, der von sich sagt, dass man mit ihm Rösser stehlen kann, entsprach sehr gut diesem Anforderungsprofil und wurde denn auch prompt angestellt und zur Grundausbildung zugelassen.

 

Die Feuerwehr ist ähnlich hierarchisch strukturiert wie das Militär, es gibt vergleichbare Dienstgrade. Heute hat Wachtmeister Häberlin nach 22 Dienstjahren die Funktion eines Zugführers inne. Bei einem Rettungseinsatz sitzt er jeweils im ersten der drei riesigen Flugfeldlöschfahrzeuge vorne rechts. Bei einem Alarm müssen er und sein Team spätestens in 20 Sekunden von den Bereitschaftsräumen aus, ihre Plätze auf den zugeteilten Fahrzeugen einnehmen und sogleich losfahren können, um innerhalb von nur 3 Minuten jeden Ort auf dem Flughafengelände zu erreichen. Wie in Hollywood-Filmen sausen bei einem Alarm die Feuerwehrleute an einer Rutschstange vom Ober- ins Erdgeschoss runter, klettern ins Fahrzeug, schlüpfen während der Fahrt in die dort bereitstehenden Stiefeln und ziehen Brandschutzkleidung und Helm an. Für den Einsatzleiter ist es dann jeweils eine grosse Herausforderung, sich am Einsatzort sofort einen Überblick zu verschaffen und entsprechende Befehle zu erteilen. Alle haben ihre spezielle Funktion und sind auf alles Mögliche vorbereitet, doch meist gibt es dann trotzdem Überraschungen. «Häbi», wie sein Spitzname lautet, kennt seine Kameradinnen und Kameraden sehr genau, auch ihre persönlichen Kompetenzen aus früheren Berufen. So kann er diese denn auch gezielt in einem Notfall einsetzen. Das Prägendste, was er schon anfangs seiner Karriere erlebte, waren die Crossair-Flugzeugabstürze von Nassenwil und Bassersdorf. Konfrontiert zu sein mit den herumliegenden Wrackteilen, verletzten und auch toten Passagieren, war sehr herausfordernd. Doch da mussten er und alle Einsatzkräfte einfach «funktionieren». Mit seiner Frau darüber reden zu können, aber auch Sport oder die speziellen De-Briefings in der Mannschaft halfen ihm, das Geschehene zu verarbeiten. Das waren jedoch Extremsituationen, meistens geht es nicht so dramatisch zu und her. Das Schöne im Beruf ist für alle, gemeinsam helfen und retten zu können und manchmal Unmögliches möglich zu machen. «Freude herrscht», wenn ein Flugzeug mit Wasser aus vollen Rohren begrüsst werden kann, wenn es erstmals in Zürich landet.

 

Die 120 Personen starke Berufsfeuerwehr am Flughafen, ist Teil der stadtzürcherischen Organisation «Schutz & Rettung». Mehr Einsätze als am Flughafen werden in der Stadt geleistet, zum Beispiel bei Grossbränden, bei Einsätzen mit Fahrzeugen oder bei Wasser- oder Ölereignissen.

 

Blick in die Zukunft

 

«Häbi» hätte schon früher Feuerwehr-Offizier werden können, doch bleibt er lieber Wachtmeister, um weiterhin als Zugführer im Schichtbetrieb arbeiten zu können. Schichtbetrieb heisst in diesem Fall: 24 Stunden auf der Wache immer bereit und voll präsent sein, dafür aber anschliessend 48 Stunden frei haben. Während der Bereitschaftszeit gibt es nebst Einsätzen auch Übungen, Ausbildung, Sport oder Materialpflege. – Menschen zu führen und auch für die gemeinsame Arbeit verantwortlich zu sein, gefällt ihm sehr. Er möchte diese Arbeit möglichst bis zur Pensionierung ausüben, zudem auch bei der Rekrutierung, bei Assessments und in der Instruktion mitarbeiten.

 

Privatleben

 

 

Mit seiner Frau wohnt Christian Häberlin immer noch in Berg nahe Kreuzlingen. «Ich bin eine Wasserratte», sagt er, denn er hat ein Boot auf dem Bodensee und verbringt zu allen Jahreszeiten allein oder mit seiner Frau viel Zeit auf dem Wasser, fährt Wasserski oder liest auch nur ein Buch. Diese Ecke der Schweiz in «Mostindien» ist seine Heimat, hier ist er verwurzelt, zufrieden und glücklich.

 

2022.3